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Ausweitung der Kampfzone
Über die neuesten Angriffe auf die Souveränität des Staates Israel, die Rolle des Völkerrechts und die Sehnsucht nach national befreiten Zonen.
Phänomene, an denen sich der Wahn darstellt, den die bürgerliche Gesellschaft hervorbringt, finden sich in Stuttgart zuhauf. Dies gilt umso mehr in Zeiten, in denen das Krisenpotenzial des Kapitalverhältnisses in zugespitzter Form zum Ausdruck kommt. Denn Stuttgart gilt als Bastion des Bürgertums. Wer hier als Bürger firmiert, hat in der Regel noch was zu verlieren. Der Bürger will sein hart erarbeitetes Stück vom Wohlstand verteidigen, das ihm im Chaos der weltwirtschaftlichen Entwicklungen unterzugehen droht. Er findet die Symbole für den Erhalt dessen, was er nicht verlieren will. Und er sucht die Sinnbilder für das, was er als bedrohlich empfindet und seine liebgewordenen Gewohnheiten umzuwälzen scheint. Wenn der Bürger handelt, dann handelt er in Notwehr. Weil man ihn nicht in Ruhe lässt. Weil er sich betrogen fühlt. Er kritisiert nicht die Geschäftsgrundlage der Gesellschaft, denn Kritik interessiert ihn nicht. Stattdessen sucht er nach Schuldigen; nach den Verantwortlichen dafür, dass das Geschäft nicht störungsfrei funktioniert.
Wer sich mit nüchternem Blick durch Stuttgart bewegt, anstatt darauf zu verfallen, Affekte als Keim politischen Bewusstseins zu adeln, wird also an Phänomenen, die es kritisch zu durchleuchten lohnt, keinen Mangel finden.
Daher könnte man auch auf die Idee kommen, einen angekündigten Spuk zu ignorieren, der angesichts der genannten Umstände in Stuttgart zwar genau am richtigen Ort ist, zunächst jedoch womöglich als irrelevant erscheint: Im Wald am Stadtrand von Stuttgart treffen sich, ohne viel Aufhebens um ihre Zusammenkunft zu machen, Ende November auserlesene Ideologen zu einer so genannten „Palästina-Solidaritätskonferenz“. Was hinter dem so harmlos anmutenden Veranstaltungsmotto „Getrennte Vergangenheit – Gemeinsame Zukunft. Hindernisse und Perspektiven für eine gerechte Lösung“ zum Vorschein kommt, ist eine durch und durch antisemitische Agenda.
Die Freunde des Gruselkabinetts haben diesen Vorwurf kommen sehen. Daher zählt zu den geladenen Gästen auch die Publizistin Evelyn Hecht-Galinski, die der Veranstaltung mittels ihres Vortrags einen Persilschein ausstellen soll: „Der Unterschied zwischen Anti-Zionismus und Anti-Judaismus und die Notwendigkeit auch in Deutschland den Staat Israel zu kritisieren“. Eine Argumentation, die auf den zutreffenden Sachverhalt spekuliert, dass der Begriff des Antizionismus eine Geschichte hat. Mittels dieser konzeptiv-ideologischen Begriffsgeschichte hofft man, die Kritiker in eine Debatte zu verwickeln, im Verlauf derer zumindest das Publikum aus den Augen verlieren möge, dass sich hinter all der aufgebotenen Rhetorik ganz ordinärer Antisemitismus verbirgt. Der Antisemitismus ist, wie Theodor W. Adorno schrieb, das „Gerücht über den Juden“. Seit der Gründung Israels ist der „Antizionismus“ (oder wie auch immer man den Wunsch, der Staat der Juden möge aufhören zu existieren, bemänteln mag) nichts weiter als die Reproduktion dieses Gerüchts im Medium der Nation.
Wer über Israel alles zu berichten weiß, nur nicht, dass dieser Staat den einzigen Zweck verfolgt, die Juden weltweit vor Verfolgung und Mord zu schützen, wer also davon ablenken will, dass der israelische Staat seinem Begriff nach ein Judenstaat ist und sein muss, weil er „die durch Selbstbewaffnung aufrecht erhaltene Zufluchtstätte aller Juden vor den Antisemiten“ (Paul Desandren) ist; wer statt dessen die Worte Staat und Kritik nur dann in einen Zusammenhang zu bringen weiß, wenn dieser sich gegen Israel richtet, und die Menschenrechte so verstanden wissen will, dass es die verdammte Pflicht gerade auch der Deutschen sei, Israel zu kritisieren, der darf mit Fug und Recht als Antisemit bezeichnet werden.
Friedenstreiber gegen Israel
Wer sich mit ideologiekritischem Blick durch die Welt bewegt, dem wird längst aufgefallen sein, dass diese Haltung gegen Israel heute - leider nicht nur in Deutschland - dem common sense entspricht.
So diente zum Jahreswechsel 2008/9, nach anfänglich geheucheltem Verständnis für die israelische Militäraktion im Gaza-Streifen, diese zum Anlass für die vielleicht größten antisemitischen Aufmärsche, die Deutschland seit dem von außen erzwungenen Ende des „Dritten Reiches“ gesehen hat. Die von den Medien als „besonnenere“ Israelkritiker präsentierten Bundespolitiker faselten währenddessen von einer Verhältnismäßigkeit, die angesichts hunderter Hamas-Raketenangriffe gewahrt bleiben müsse; eine euphemistische Formulierung für die Haltung, über eine Legitimität der militärischen Selbstverteidigung Israels könne man ja noch einmal diskutieren, nachdem eine nicht genauer bestimmte Anzahl Juden durch die fortdauernden Angriffe der antisemitischen Milizen getötet worden sei.
Diese Berliner Besonnenheit fand auch in der alle Bundestags-Fraktionen einenden und am 1. Juli 2010 angenommenen, so genannten „Gaza-Resolution“ ihren Ausdruck. Man kannte keine Parteien mehr, nur noch Deutsche, als man die Möglichkeit sah, das Schicksal zumindest der israelischen Juden einmal mehr im Reichstag zu bestimmen. Auf diese Weise wurde nicht nur das Geraune aktenkundig, es bestünden „starke Hinweise“, dass beim Entern der Hamas-Solidaritätsflottille durch die israelische Marine Ende Mai „der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wurde“. Das Parlament stellte auch einstimmig fest: „Die Blockade Gazas ist aber kontraproduktiv und dient den politischen und Sicherheitsinteressen Israels letztlich nicht.“ Stattdessen soll sich Israel auf Sätze wie diesen verlassen, die sich bereits auf den ersten Blick als Drohung erweisen: „Das Existenzrecht Israels muss allgemein anerkannt werden, insbesondere durch die Hamas.“ Die Drohung liegt nicht nur darin, dass es sich kein Politiker, Journalist oder sonstiger „Experte“ je leisten könnte, vom „Existenzrecht“ eines beliebigen anderen Staates zu reden, ohne für den tautologischen Gehalt eines solchen Satzes ausgelacht zu werden – was zeigt, wie verhandelbar die Existenz allein des Judenstaates nicht nur den Mitgliedern des Bundestages erscheint. Die Drohung besteht vor allem im Unterschlagen des Faktums, dass es angesichts der Angriffe durch antisemitische Banden einzig die militärische Gewalt der israelischen Streitkräfte ist, die „Israels legitime Sicherheitsinteressen“ - in der Tat die Existenz des Staates - garantiert.
Diese vermeintlich so besonnen-pazifistische Haltung korrespondiert mit dem Anliegen jener Vertreter der antisemitischen Internationale, die demnächst in Stuttgart konferieren. Und sie trifft sich mit der Haltung der Organisatoren wie der Aktivisten der Hamas-Solidaritätsflottille.
Bereits seit seiner Gründung ist Israel militärischen Bedrohungen ausgesetzt. Seit einigen Jahren führt insbesondere der Iran unter Zuhilfenahme seiner Verbündeten, unter denen vor allem Hisbollah und Hamas zu nennen sind, gegen Israel einen Krieg alternierender Intensität. In dieser Situation ist es die Strategie der “Palästina-Solidarität”, dem im Kriegszustand befindlichen Judenstaat ‚den Frieden zu erklären’. Das bedeutet ebenso schlicht wie unheilvoll, dass Israel seiner Wehrhaftigkeit beraubt und seine Souveränität unterminiert werden soll – auf politischer wie auf militärischer Ebene, mit allen erdenklichen Mitteln. Dazu zählt das erwähnte Gerede von der nicht gewahrten Verhältnismäßigkeit ebenso wie der ausgeübte internationale Druck auf Israel nach dem Entern der Hamas-Solidaritätsflottille. Eine Strategie, die im Ankündigungs-Text zur Stuttgarter Konferenz etwa in der folgenden, in irrer Empörung getroffenen Feststellung zum Ausdruck kommt: „Trotz (!) kriegerischer Auseinandersetzungen und Besatzung wird reichlich militärische Ausrüstung [an Israel] geliefert.“ Als sei es nicht das mindeste - ob mit oder ohne Verweis auf die deutsche Geschichte -, Israel angesichts der antisemitischen Bedrohung in der Gegenwart mit all den Waffen zu versorgen, die es für eine effektive Verteidigung seiner Bürger benötigt.
Das Ziel, zu dem die Palästina-Konferenz erklärtermaßen beitragen will, die „Ein-Staat-Lösung als Perspektive für einen gerechten Frieden“, meint einen Frieden ohne Juden: Ist Israel nicht länger wesentlich der Staat der Juden, kann es auch nicht länger die durch Selbstbewaffnung aufrecht erhaltene Zufluchtstätte aller Juden sein, nicht länger Antwort sein auf die grausame Logik der gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnisse, die antisemitisches Bewusstsein beständig hervorbringen bzw. reproduzieren helfen. Eine Logik, deren Konsequenz Verfolgung, Pogrom und Vernichtung ist und innerhalb derer die Wahl zwischen Krieg und Frieden für Israel kaum einen qualitativen Unterschied bezeichnet, sondern lediglich die Wahl der Waffen durch seine Feinde meint.
Niemand brachte das besser auf den Punkt, als der so genannte „Premierminister“ der Hamas im Gazastreifen, Ismail Haniyeh. Bereits während der Vorbereitungen zur Hamas-Solidaritätsflottille prophezeite er, die Flottille bedeute für die Hamas auf jeden Fall einen Sieg: Entweder kriegerisch, also auf dem Wege einer Konfrontation mit dem israelischen Militär, falls dieses, wie geschehen, der Situation entsprechend reagiere und es so womöglich gar die von den türkischen Islamisten ersehnten „Märtyrer“ zu vermelden gibt. Oder aber ‚friedlich’, indem die Schiffe die Blockade erfolgreich durchbrächen, Israels Souveränität also ohne Folgen für die Angreifer verletzt würde. Dies werde unweigerlich weitere Schiffskonvois nach sich ziehen, so Haniyeh weiter. Und auch die Initiatoren der Flottille sprachen deutlich die Zielsetzung aus, die das Unternehmen nicht nur aus der Sicht der türkischen Islamisten der IHH hatte. So versicherte eine Co-Organisatorin der Aktion, die US-Bürgerin Greta Berlin, bereits vor der Konfrontation mit dem israelischen Militär: „Bei dieser Mission geht es nicht darum, humanitäre Güter zu liefern, es geht darum, die Blockade zu brechen.“
Mit dem Recht der Völker gegen das ‚Unrecht des Anti-Volks’
Die Strategie der Friedenstreiber korrespondiert aufs engste mit einer gegen Israel gerichteten Völkerrechtsideologie – die sich im Kern als deutsche Ideologie entpuppt. Galt das Judentum nicht erst den Nationalsozialisten als „Anti-Volk“, so ist es nun das Völkerrecht, mittels dessen man das im Staat Israel konstituierte „Anti-Volk“ attackiert. Kritikwürdig ist die Völkerrechtsideologie nicht allein, weil sie verschleiert, dass „internationales Recht immer nur eines ist, das gelten soll, aber nicht wirklich gilt - nicht gilt wie das Recht, das der einzelne Souverän auf seinem begrenzten Territorium garantieren kann“ (Gerhard Scheit). An die Stelle des Rechts, das vom Gewaltmonopol, wie es die einzelnen Staaten innehaben, gedeckt wird und das die Individuen schützen soll (nicht zuletzt vor den Zumutungen des Kollektivs, wie Scheit verdeutlicht), tritt als Konsequenz aus der Völkerrechtsideologie die Gewalt des autochthonen Kollektivs.
Schon der Nazi-Staatsrechtler Carl Schmitt halluzinierte von der „Eigenart des jüdischen Volkes, das seit Jahrtausenden nicht als Staat und auf einem Boden, sondern nur im Gesetz und in der Norm lebt“, um dieser Eigenart jene „Länder und Völker“ entgegenzustellen, die danach strebten, „zu den natürlichen Ordnungen, die aus Blut und Boden entsteh[en], zurückzukehren“. Heute wird der ‚verbrecherische Charakter’ Israels gerne auch unter Verweis auf die Rodung von Oliven-Bäumen zu dokumentieren versucht. Exemplarisch im Internetauftritt des ZDF - unter der Überschrift „Olivenkrieg im Heiligen Land“ erfährt man dort: „Seit Jahrzehnten leidet das palästinensische Volk unter der militärischen Besatzung der Israelis - eine Situation, die sich in den letzten Monaten und Jahren zunehmend verschärft hat.[…] Um Platz für Straßen und Häuser zu schaffen, mussten wertvolle, uralte Ölbäume weichen.“
Wo in Kategorien von Blut, Boden und Volk gedacht wird, ist für die Beschreibung sozialer Konflikte als Interessenkonflikte kein Platz. Folglich belehrt der Artikel, es handle sich keinesfalls bloß um ein ökonomisches Problem: „Ihre Ernte ist aber mehr als nur ein wirtschaftlicher Faktor zum Überleben. Sie symbolisiert den erbitterten Kampf um das Land. Seit vielen Generationen besitzen die Palästinenser die Bäume und auch den Boden, auf dem sie wachsen. Bäume und Menschen sind hier tief verwurzelt.“
In Stuttgart wird es konsequenterweise der an der Hamas-Solidaritätsflottille beteiligte Völkerrechtler Norman Paech sein, der über die „Rolle des internationalen Rechts und die sich daraus ergebenden Handlungsmöglichkeiten“ gegen Israel referieren wird. Auch sein Ziel lautet: Israel soll als ‚Unrechtsstaat’ gebrandmarkt, seine Möglichkeit zur Selbstverteidigung so weit wie möglich eingeschränkt werden.
Die antisemitische Konferenz ist einerseits Ausdruck eines weit verbreiteten antisemitischen Bewusstseins. Zugleich jedoch sind deren Protagonisten hinsichtlich der Attacken auf die Souveränität Israels aber auch eine Avantgarde, die zu allem Übel auf eine der oben genannten Strategie und ihren Zielen entsprechend erfolgreiche Praxis verweisen können: Versucht der Historiker Ilan Pappe mit seinen Elaboraten Israel als Staat aller Juden zu delegitimieren, so agitiert Hadar Eid, der Gaza jüngst in einem Interview als riesiges Konzentrationslager „à la Auschwitz“ bezeichnete, erfolgreich für einen akademischen und kulturellen Boykott. Die ebenfalls referierende „Menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion der Partei Die Linke im Bundestag“, Annette Groth, hat ihren Begriff von Menschenrechts-Politik genau wie Paech auf der Feindfahrt gegen Israel im Mai zum Ausdruck gebracht. Auch Joachim Guillard, vor einigen Jahren Mitinitiator der Spendenkampagne für eine „breite nationale Widerstandsfront“ im Irak gegen die „Besatzung“ sowie der Rechtsanwalt Jörg Lang, der zum Thema „Die deutsche Linke, der Holocaust und die Solidarität mit den Palästinensern (Erfahrungen seit den 60er Jahren)“ reden wird und dem der Spiegel 1980 zumindest nachsagte, er sei Mitglied des Planungsstabs der antisemitischen Guerilla PFLP gewesen, werden dem Stuttgarter Think Tank gegen Israel sicher mit ihren reichhaltigen Erfahrungen sekundieren.
Verallgemeinerung von Leid
Woher rührt jedoch die Verständnisinnigkeit mit antisemitischen Banden wie der Hamas, die so viele Menschen nicht nur in Deutschland vereint? „Eine Hauptwurzel der Grausamkeit bildet die Verzweiflung an der Möglichkeit des allgemeinen Glücks“, stellte Max Horkheimer einst fest. Mit Blick auf die Unterscheidung von Freiheitsbewegung und regressiver Bande ergänzte er, jene Gruppen, welche dieses Glück „Kraft ihres gesellschaftlichen Seins bewußt herbeizuführen suchen, haben bei aller Entschlossenheit und Gegenwehr kein psychologisches Bedürfnis nach dem Anblick von Blut und Elend“. Wie genau Horkheimer den Gegenstand bestimmt hat, mag exemplarisch die Aussage eines Hamas-Kämpfers dokumentieren, der während des Gaza-Krieges seine Siegesgewissheit über Israel mittels des radikalen Dementis jeder diesseitigen Glückserwartung zum Ausdruck brachte: „Der Unterschied zwischen uns und denen ist, dass sie leidenschaftlich auf den Tag warten, an dem sie sicher nach Hause zurückkehren können. Wir dagegen verlassen unser Zuhause, verabschieden uns von unseren Familien und hoffen, als Märtyrer zu sterben“.
Es ist diese negative Utopie, die die antisemitischen Banden von Hamas und Hisbollah mit ihren Multiplikatoren auf der ganzen Welt vereint: an der Verzweiflung über die nicht eingelöste „Möglichkeit des allgemeinen Glücks“ irregeworden, sehnen sie die apokalyptische Erlösung aus den als unerträglich empfundenen gesellschaftlichen Verhältnissen herbei. Vor der Übermacht der Gesellschaft, die ihnen gleichsam als anonymes Schicksal widerfährt, regredieren die Individuen zu Anhängseln des Kollektiv-Ich; der Bürger, von dem in Deutschland guten Gewissens ohnehin nie die Rede sein konnte, kehrt zurück ins Volk.
Das Sehnen und Streben des modernen Apokalyptikers gilt der Verwirklichung der Utopie eines sich selbst entfremdeten Lebens, „das allein in der Vernichtung des anderen und seiner selbst überlebt“ (Adorno/Horkheimer) - eine Vernichtung freilich, die vorweg immer die Juden meint. Diese Utopie, Verallgemeinerung von Leid, liegt nicht in der Zukunft, sondern ist die Hölle auf Erden, wie sie von den islamistischen und anderen Rackets schon heute bereitet wird. Diese Sehnsucht des modernen Apokalyptikers ist der Grund, warum er so fasziniert - wo nicht um Unterstützung trommelnd - auf die wahrhaft national befreiten Zonen und ihre „Widerstands-Kämpfer“ in den somalischen, irakischen, afghanischen und sonstigen Regionen der Racket-Herrschaft blickt. Von jeder das Individuum zur Triebsublimierung drängenden Instanz der Vermittlung bereinigt, regieren dort, Willkür, Tugendterror und unmittelbare Herrschaft.
Und so wird sich die „Palästina-Solidarität“ nie auch nur ansatzweise hinter dem einzig vernünftigen Begriff vereinen, den man von ihr haben könnte - „Free Gaza from Hamas“. Denn ihr Engagement wie das des „Volkes“ zielt nicht auf die befreite Gesellschaft; es zielt auf die Verewigung des Elends, auf die aus einer tiefen Zivilisationsfeindschaft gespeiste regressive Befreiung der Triebe in der Barbarei.
UnterzeichnerInnen:
Seltsamer Zusammenschluss, Forum materialistische Kritik, Initiative Solidarität mit Israel (Stuttgart)
Download: Flugblatt (.pdf, 75kB)
Veranstaltung:
Der Wahn vom Weltsouverän und die Auslöschung Israels
Eine Veranstaltung gegen die Palästina-Solidaritätskonferenz in Stuttgart.
Mit Gerhard Scheit, Autor des Buchs „Der Wahn vom Weltsouverän. Zur Kritik des Völkerrechts“ (Freiburg 2009)
„Getrennte Vergangenheit – Gemeinsame Zukunft, Hindernisse und Perspektiven für eine gerechte Lösung“ lautet der Titel der Palästina-Konferenz. Was das Hindernis sei, darüber besteht hier kein Zweifel: Israel als jüdischer Staat, als Zufluchtsort aller vom Antisemitismus Bedrohten. Mit der „Ein-Staaten-Lösung“ soll dieser Staat vom Erdboden verschwinden, das ist die Perspektive, die von „der Bundesrepublik aus“ im Namen des Völkerrechts zu unterstützen wäre. Den Begriff vom Völkerrecht, der dabei gemeint ist, hat Norman Paech bereits durch seine Teilnahme an der „Free Gaza Flotte“ expliziert, die zum Glück von der israelischen Armee gestoppt werden konnte (Paech: „Das war kein Akt der Selbstverteidigung. Das war ein Kriegsverbrechen“). Sein Geschäft wie das der ganzen Konferenz, besteht darin, deutsche Wahnvorstellungen zu modernisieren: an die Stelle der Weltverschwörung des Judentums tritt die Verschwörung des jüdischen Staats gegen den Weltfrieden.
In seinem neuen Buch „Der Wahn vom Weltsouverän“ analysiert der Wiener Publizist Gerhard Scheit die Fallstricke des Völkerrechts. […Unter Verweis] auf Adorno und Marx zieht Scheit eine klare Schlussfolgerung: Der Wahn vom Weltsouverän zerstört den Souverän und ist zugleich das Gegenteil einer Befreiung vom Staat. Also das Gegenteil jener versöhnten Vielfalt, die allein ein menschenwürdiger Zustand wäre – die freie Assoziation der Individuen.
Die heutige Gesellschaft kann sich einen „Weltsouverän“ nur konsequent vormachen, wenn sie einen gemeinsamen Feind halluziniert,
der bereits heimlich die Welt beherrscht: das Weltjudentum, fokussiert im Staat Israel, der sich der Untergrabung seines Selbstverteidigungsrechtes unter dem Banner des Weltfriedens widersetzt. So beseitigen viele Linke und Linksliberale den letzten
Rest jener politischen Vernunft, die Gewalt und Recht aufeinander zu beziehen weiß.
(iz3w, Nov./Dez. 2010)
Freitag, 26.11.2010, 20 Uhr
DGB-Haus, Raum 245, Willi-Bleicher-Straße 20, 70174 Stuttgart