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Dienstag 11.05.2010, 19:30 Uhr
Gewerkschaftshaus Stuttgart, Willi-Bleicher-Str. 20, Raum 245
Mit Besorgnis werden die Ergebnisse der wenige Tage zurückliegenden ungarischen Parlamentswahlen zur Kenntnis genommen: Die rechtspopulistisch-nationalkonservative Partei Fidesz wird ihre Oppositionsrolle verlassen und die Regierungsmehrheit stellen, die rechtsextremen Jobbik halten mit einem Stimmenanteil von 16,7 Prozent Einzug ins Parlament. Von einem »politischen Erdbeben« ist die Rede, von einem »Rechtsruck«, die politische Situation in Ungarn habe sich zu einem »Pulverfass mitten in Europa« entwickelt, die Stimmungslage der ungarischen Gesellschaft sei vergleichbar mit einem »Hassvulkan«.
In der Tat sind diese aktuellen parlamentarischen Verschiebungen nicht verharmlosend durch ein Protestwahlverhalten der von ihrer Regierung enttäuschten ungarischen Bevölkerung zu erklären – schon seit einiger Zeit machen Beobachter darauf aufmerksam, dass Rechtsextremismus in Ungarn kein Randgruppenphänomen ist, sondern durchaus Zuspruch aus breiten Teilen der ungarischen Gesellschaft erhält. Öffentlicher Widerstand ist kaum zu vernehmen, die jüngst per Gerichtsbeschluss verbotene Ungarische Garde – eine von Jobbik zum »Schutz« der Bevölkerung vor »Zigeunerkriminalität« gestellte paramilitärische Organisation – marschiert ungestört, das Fehlen eines konstruktiven gesellschaftlichen Gegendiskurses erlaubt es rechtsextremen Kräften, sich mittels Blut-und-Boden-Ideologien zu Widerstandskämpfern gegen die Gefährdungen eines Wirtschaftskapitalismus zu stilisieren. Der Schriftsteller und Historiker György Dalos bezeichnete diese Tendenzen jüngst als »Früchte nicht gestellter Fragen. Fragen wie: Was bedeutet Kapitalismus?«.
Die Erstarkung rechter Kräfte in Ungarn sollte jedoch nicht vereinfachend als eine lediglich ungarische Problemlage gekennzeichnet werden. Zwar gibt es bestimmte historische Zusammenhänge wie auch regionale wirtschaftliche und politische Konstellationen, die eine Zunahme antisemitischer, antiziganistischer und homophober Tendenzen gerade in Ungarn zu erklären vermögen. Doch weist eine differenzierte Auseinandersetzung auf eine wirtschaftspolitische Problematik, die der aktuellen Entwicklung einer radikalen europäischen Rechten zugrunde liegt.
Wir freuen uns daher sehr, dass wir Karl Pfeifer als Referenten gewinnen konnten, diese dringliche und notwendige Auseinandersetzung anzustoßen.
Karl Pfeifer (*1928) lebt als Journalist und Autor in Wien, seit drei Jahrzehnten ergreift er kenntnisreich und vehement das Wort, wenn es darum geht, Antisemitismus, Antiziganismus und Rassismus aufzuspüren und ihre Wirkmechanismen der Gesellschaft vor Augen zu halten. Seine Beträge erscheinen unter anderem in der Budapester Wochenzeitung Hetek und der Berliner Wochenzeitung Jungle World. Er gilt als ausgewiesener Kenner der rechten Szene in Ungarn und engagiert sich seit Jahrzehnten gegen die FPÖ.
Die Veranstaltung wird vom Seltsamen Zusammenschluss Stuttgart organisiert und findet statt mit Unterstützung des ver.di Bezirks Stuttgart, der VVN Ludwigsburg und des Rosa-Luxemburg-Forums für Bildung und Analyse in Baden-Württemberg e.V.