Deprecated: preg_replace(): The /e modifier is deprecated, use preg_replace_callback instead in /www/htdocs/w0072016/wordpress/wp-includes/functions-formatting.php on line 83
Ein Debattenbeitrag des ZK der Proseccosozialisten zur internen Auseinandersetzung im SZ.
Den Text gibt es auch als PDF zum Runterladen und Ausdrucken.
„Savoir pour prévoir, prévoir pour prévenir.“
Auguste Comte
Der Kritiker eines solchen ersten Anlaufs von prozesshafter Selbstverständigung und gerade, wenn der Kritiker an dem dafür dienenden Textentwurf mitgearbeitet hat, muss nun von dem mangelndem Zustand und dem ausdrücklichen Übergangscharakter eines solchen Entwurfes, genauso wie „weder Zweck noch Form und Inhalt“ der Organisationsform „in einer gesetzten und fixierten Weise feststehen können“(1), als einer Tatsache ausgehen. Er muss sich darauf beschränken, die Punkte hervorzuheben, in denen durch die (innerhalb bestimmter Grenzen unvermeidbare) Trennung von zukünftigen Zielen und gegenwärtigen Mitteln genauso wie Methoden der angestrebten emanzipativen Gesellschaftlichkeit, die revolutionäre Entwicklung der Organisationsform, die sich in ihrer Auseinandersetzung an diesem Entwurf (zumindest vorerst) orientieren wird, behindert und gefährdet wird.
Der Ausgangspunkt für eine solche Kritik wird an einigen theorie-praktischen und praxis-theoretischen Punkten der momentan vorliegenden Realität des SZ aufzuzeigen sein. Denn bei aller Beteuerung des „Anfangs“ an dem sich der SZ befindet, hat dieser doch schon eine Fülle an Fakten geschaffen, die weitestgehend unhinterfragt bestehen.
Der Text „Über den Seltsamen Zusammenschluss“(2) birgt in seiner Form grundsätzlich die theoretische Schwäche, dass er in seiner momentanen Form kein „allgemeiner Ausdruck tatsächlicher Verhältnisse eines existierenden Klassenkampfes“ darstellt, was jedoch „die theoretischen Sätze der Kommunisten“, folgen wir den Klassikern, eben sein sollten und nicht „Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden oder entdeckt“(3) worden sind. Dies nur vorweg.
Die Geschichte der Debatte um den Text „Über den Seltsamen Zusammenschluss“, der indes nur Instrument ist, Instrument einer Selbstverständigung, ist geprägt von Nichteinmischung, Desinteresse und zugeschriebenem Spezialistentum. Die anfangs formulierte Kritik an diesem Textentwurf wurde nicht weiter verfolgt und auch das vielfache, informell geäußerte Unbehagen über einzelne Formulierungen oder den grundsätzlichen Charakter des Textes wurden nie tatsächlich und am Text geäußert. So stehen jene, die an dem Textentwurf mitgearbeitet haben vor dem Problem, dass bei der Arbeit an diesem Text spezialisierte Theoretiker_innen sich herausbilden, die dem ganzen Treiben ein hübsches inhaltliches Fundament basteln, auf dem der Rest dann sich ausruhen kann.
Über die Gründe hierfür können wir nur spekulieren, die Auseinandersetzung würde dadurch aber in keinster Weise voran gebracht werden und deshalb wird das Spekulieren darüber von uns als überflüssig erachtet. Aber es scheint, als gäbe es in der Breite des SZ kein Bedürfnis nach theoretischer Auseinandersetzung über die Kernfragen den Charakter und die – eventuell zu entwickelnde – Zielsetzung dieser Assoziation betreffend. Diesen Zustand empfinden wir als alarmierend; auch wenn er in der Geschichte linker Selbstorganisierungsversuche kein neuer ist. Mit einer Durchsetzung dieses Auseinanderdriftens von „Theoretiker_innen“ und „Praktiker_innen“ personell wie formal, verliert der SZ jegliche Experimentier- und Debattierfreude, die den Charme der unmittelbaren Anfangsphase geprägt hat. Dabei wird zwingend das Postulat des Textes „Über den Seltsamen Zusammenschluss“, nicht „in trennendes Spezialistentum zu verfallen“(4), verlassen. Wenn also diese Trennung vollzogen werden sollte, dann könnten jene, die den Entwurf mit geschrieben haben bestimmt noch sich aufschwingen zu viel abenteuerlicheren „Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden oder entdeckt“(5) worden sind, als sie das bisher sich getrauten: unsere Minimalforderung bleibt das Paradies!
Der vorangehende Absatz soll und darf nicht als eine Ablehnung von Arbeitsteilung verstanden werden, denn zumindest unser Impuls in (anti-)politischer Arbeit ist nach wie vor die kapitalistische Scheiße nach vorne aufzulösen und nicht noch hinter diese Form der Vergesellschaftung zurück zu fallen. Vielmehr halten wir eine konsequente Debatte über mögliche und notwendige Formen der Arbeitsteilung für unerlässlich, genauso wie eine stärkere Betonung des Selbstverständnisses als heterogener Zusammenschluss von Theoretiker_innen und Experimentator_innen in dem Text „Über den Seltsamen Zusammenschluss“. Dabei muss eine grundsätzliche Verständigung darüber stattfinden, wie Formen geschaffen werden können in denen die „verschiedensten Tätigkeitsfelder“ untereinander sich verknüpfen lassen und in ihrer gesellschaftlichen Totalität erfasst werden können. Es gilt hierbei eine Veränderung der Diskussionskultur innerhalb des SZ herbeizuführen, denn in der momentanen Entwicklung bildet nicht, wie die Debatte um den Textentwurf zeigt, sich ein Klima in dem es möglich ist „zugleich kollektiv und nichthomogenisierend“ kohärente Gesellschaftskritik zu üben, sondern vielmehr kein Klima in dem recht getrennt voneinander herumkritisiert wird. Das ist zwar erfreulich „nichthomogenisierend“ aber überhaupt nicht „kollektiv“.
Um eben dieses Klima in der Auseinandersetzung zu gewährleisten gilt es zu jener praktischen und nicht nur ideologischen Toleranz „zurückzukehren“, mit der die erste marxistische (und zugleich proudhonistische, blanquistische, bakunistische, gewerkschaftliche, usw.) „Internationale Arbeiterassoziation“ in ihren Reihen alle Arbeiter_innen willkommen hieß, die den Grundsatz des unabhängigen proletarischen Klassenkampfes, dass „die Emanzipation der Arbeiterklasse durch die Arbeiterklasse selbst erobert werden“(6) muss, anerkannten. Hierbei kann und soll eben nicht jede_r alles machen, jedoch ist es unserer Meinung nach elementar, aktiv mit dem Denken und Handeln der anderen Assoziierten sich auseinander zu setzen, genauso wie es jede_r ermöglicht werden sollte alles machen zu können. Außer natürlich der SZ will zu einer linken Gruppe(7), im schlechtesten denkbaren Wortsinn, werden.
Wenn wir gerade bei linken Gruppen sind, müssen wir das ständig sich ausweitende Übergewicht männlicher Wortmeldungen vor allem bei den Plena, jedoch in ähnlicher, nur abgeschwächter Form bei Veranstaltungen bewusst machen. Zur Ergründung dieses Missstandes können wir aus unserer Position nur sehr begrenzt einen fruchtbaren Beitrag leisten, jedoch wäre auch hier – unserer Meinung nach – eine genaue Analyse der Plenumssituation vonnöten um Machtstrukturen, Gewaltverhältnisse und Ausschlüssigkeiten aufzuzeigen und bewusst zu machen. Dieses Vorgehen wäre selbstverständlich auf alle Kommunikationsmittel, die der SZ in seinem kurzen Bestehen schon sich geschaffen hat, auszuweiten. Sowohl was die Kommunikation nach „außen“, aber eben auch die untereinander angeht. Es gilt also, angesichts eines um sich greifenden Verstummens, sowohl was die theoretische Debatte als auch die Wortmeldungen in Plena angeht, alle Kommunikationstechniken die momentan vom SZ verwandt werden auf ihren Gebrauchswert – zum einen für konkrete Situationen aber auch generell für die Organisationform – hin zu überprüfen, und davon ausgehend zu verbessern oder zu verwerfen.
Der letzte Punkt gilt der Problematisierung der Finanzfrage. In der Konstituierungsphase des SZ gab es vielfach die Beteuerung sich keine Sachzwänge (Räume, laufende Kosten, …) ans Bein zu ketten, wobei im gleichen Atemzug die Schulden des Vereins Zentralkultur übernommen wurden. Wir halten es für politisch unbedingt wichtig diesen Schritt getan zu haben, dennoch sollten die im SZ Assoziierten über die dadurch sich ergebenden, nicht unwesentlichen Sachzwänge unbedingt sich bewusst sein. Die Lösungsvorschläge zu diesem Problem waren bisher alle von erschreckend wenig brauchbarem Gehalt: Lebensmittelverkäufe stehen in keinerlei Relation zwischen finanziellem sowie zeitlichem Aufwand und Gewinn, wenigstens das sollte aus der langen Geschichte der autonomen Selbstfinanzierung bekannt sein. Wobei auch und gerade wir als Speerspitze des Oralmarxismus den leckeren dem solidarischen Alkohol vorziehen. Die Vorschläge von tageweisem körperlich schwer Arbeiten halten wir für völlig untragbar, und das nicht nur aus medizinischen Gründen. Ähnlich stehen wir zu bestimmten Formen des vorgeschlagenem Ablasshandels, da durch solcherlei Formen in ungerechtfertigter Weise die soziale Situation der Assoziierten zur entscheidenden Frage um Arbeitszwang, und sei es nur ein Moralischer, oder nicht gemacht wird.
Eigene Konzepte in dieser Frage haben wir selbstverständlich keine.
Für die bevorstehende Debatte drängt uns sich auf, in der Auseinandersetzung über den prozesshaften Charakter unserer organisatorischen Gesellschaftlichkeit sich zu vergegenwärtigen, dass eben durch die angestrebte Prozesshaftigkeit ein notwendiges Ende dieser Organisationsform mitgedacht werden muss um eine Selbstzweckhaftigkeit derselben zu vermeiden. Denn diese Organisationsform wird zwangsläufig im Zuge der Entwicklung unserer Produktivkräfte zur Fessel derselben und sollte für eben diesen Moment unter keinen Umständen einen selbstzweckhaften Charakter aufweisen. Die Geschichte der marxistischen Bewegungen hat uns eindrücklich abschreckende Erfahrungen in diesem Punkt gelehrt.
Abschließend möchten wir die mit uns Assoziierten eindringlich bitten zu bedenken, dass die Gefahr in der Debatte um die Selbstverständigung besteht, wenn sie nicht kohärent und dialektisch auch und gerade über die Konsequenzen, die sich aus den inhaltlichen Punkten des Textes „Über den Seltsamen Zusammenschluss“ ergeben, für die eigenen Strukturen, wie wir das in diesem kurzen Debattenbeitrag versucht haben anzustoßen, geführt wird, eine sektiererische abstrakt-undialektische Betrachtungsweise zum Ausdruck kommt, die an Stelle der kritisch-materialistischen Analyse der Wirklichkeit und der sich daraus ergebenden Aufgaben ihre an sich guten Wünsche zu idealen theoretischen und praktischen Postulaten erhebt.
Herzlichst,
ZK der Proseccosozialisten
Fußnoten:
1 - http://seltsamer-zusammenschluss.org/?p=20#more-20
2 - Siehe Fußnote 1
3 - MEW 4, S. 474/475
4 - Siehe Fußnote 1
5 - Siehe Fußnote 3
6 - MEW 16, S. 14 u. 520
7 - Bspw: „R“AS